La nouvelle idéologie française

Autor/Hrsg Auteur/Editeur: Durand, Béatrice
2010, Stock, Paris 2010, ISBN10: 2234064864

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Dieses Buch wurde rezensiert in der Ausgabe: Dokumente/Documents 1/2011 

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Ce livre a fait l'objet d'un compte rendu de lecture dans le numéro : Dokumente/Documents 1/2011 

Rezension / Compte rendu:
Gegen den Republikanismus

"Republikanismus" nennt Béatrice Durand jene Wagenburgmentalität, die sich insbesondere im Beharren auf der Unantastbarkeit republikanischer Werte manifestiere. Immer dann, wenn die Gesellschaft vor einem fundamentalen Konflikt steht, beteten die Hohenpriester der Republik, so die Autorin, dieselbe Litanei: Beschworen werde die Einheit der Nation um jeden Preis und vor allem zu Lasten der Akzeptanz von Verschiedenheit; beschworen werde der Laizismus bei gleichzeitiger Quasi-Sakralisierung der Geschichte der Republik; und ebenso gehöre dazu die Beschwörung der Institution Schule wie die Identifikation der Werte der Republik mit den universellen Menschenrechten und damit die Verabsolutierung des "modèle français". Die Anspielung im Titel ihrer Streitschrift auf das vor knapp drei Jahrzehnten erschienene Buch "L'idéologie française" von Bernard-Henri Lévy ist zweifellos gewollt: Genauso polemisch, wie sich Lévy seinerzeit mit den Dämonen der Vichy-Vergangenheit auseinandersetzte, zielt Durand auf die gegenwärtigen Diskussionen um das französische Selbstverständnis, und dies nicht gegen die Republik, sondern für die Klärung des Selbstverständnisses ihrer Anhänger.
Burka und Schleier seien fatalerweise zum Prüfstein für republikanische Gesinnung stilisiert worden, wobei doch der weltanschaulich und religiös neutrale Staat gar nicht das Recht habe, die Bedeutung von Zeichen festzulegen, die als Ausdruck individueller Gesinnung zu gelten hätten. Dieser Auftakt des Buches überzeugt indes wenig, denn es gehört schon eine gewisse Naivität dazu, den immer lauter werdenden Anspruch, islamische Lebensformen zu praktizieren, lediglich durch Speiserituale und textile Besonderheiten zu definieren und die Augen davor zu verschließen, dass sich dahinter oftmals - wenngleich nicht per se - Scharia und Gottesstaatsphantasien verbergen. Dafür sind die folgenden Kapitel über die eingeforderten Selbstverständlichkeiten republikanischer Gesinnung um so überzeugender: Das bloße Einfordern nationaler Identität, für das es sogar kurzzeitig ein eigenes Ministerium gab, sei nichts anderes als ein der Republik unwürdiger autoritärer Gestus; das Modell der Integration "à la française" verleugne, dass es Freiheit und individuelle Entfaltung predige, de facto aber Assimilation und Preisgabe anderer Identitäten als diejenige der "citoyenneté française" fordere. Und die Betrachtung des Nationalstaats französischer Größenordnung als das Nonplusultra staatlicher Einheit jenseits geographischer oder linguistischer Partikularidentitäten erscheine der "doxa républicaine" als selbstredendes Argument gegen die europäische Integration schlechthin.
Das letzte Kapitel über die Tradition der republikanischen Schule legt am konsequentesten die Schwachstellen des republikanischen Selbstverständnisses offen, denn was für die Schule gilt, stehe stellvertretend für die Gesellschaft: Es werde vorausgesetzt, was es eigentlich zu vermitteln gilt, nämlich Bürgersinn und Neugier, wobei die Akzeptanz von Vielfalt auf der Strecke bleibe. Letztlich ist die Streitschrift eine Erinnerung der Republik an ihre eigenen Grundlagen, die im Eifer des tagespolitischen Gefechts von den einen vergessen und von den anderen verleugnet werden.
Clemens Klünemann

Républicanisme
L'unité de la nation aux dépens de la diversité ; la laïcité parallèlement à la    « sacralisation » de l'Histoire de la République ; l'école et l'identification aux valeurs de la République aux droits universels de l'homme - ces quelques exemples servent de fil rouge à Béatrice Durand pour décrire le « modèle français » de la République dans un ouvrage qui rappelle le titre du livre tout aussi polémique de Bernard-Henri Lévy sur l'idéologie française (dans un autre contexte, celui du passé de Vichy).
Réd.

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La nouvelle idéologie française