HHhH

Autor/Hrsg Auteur/Editeur: Binet, Laurent
2010, Grasset, Paris 2010, ISBN10: 2253157341

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Dieses Buch wurde rezensiert in der Ausgabe: Dokumente/Documents 3/2011 

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Ce livre a fait l'objet d'un compte rendu de lecture dans le numéro : Dokumente/Documents 3/2011 

Rezension / Compte rendu:
Fakten und Fiktion

Un roman qui méle faits historiques et fiction sur Reinhard Heydrich, le « cerveau de Himmler », le planificateur de la solution finale.

Der Überraschungseffekt ist gelungen, die Erklärung kommt erst auf Seite 180. Den Buchtitel werden wohl nur wenige französische Leser auf Anhieb verstanden haben. Nicht weil er aus der deutschen Sprache kommt, sondern weil es sich um ein Akronym handelt. Den Ausspruch "Himmlers Hirn heißt Heydrich" (also HHhH) soll Hermann Göring benutzt haben, um den damaligen SS-Obergruppenführer Heydrich, den späteren "Schlächter von Prag", zu beschreiben. Was sich in der deutschen Sprache wie ein Lachkrampf anhört, klingt in Französisch eher wie das Geräusch eines Hackebeilchens – h wie hâche, die Axt. Als er seinen Wehrdienst in der Slowakei als Französisch-Lehrer absolvierte, kam Laurent Binet auf die Idee, die Geschichte von zwei Fallschirmjägern, dem Tschechen Jozef Gabcík und dem Slowaken Jan Kubis zu erzählen, die 1942 einen Anschlag auf Reinhard Heydrich verübt hatten. Er wusste eigentlich sehr wenig über diese Zeit, beherrschte keine der Sprachen, die man für Recherchen hätte gebrauchen können und war fest entschlossen, einen Roman zu schreiben, kein Geschichtsbuch. Aus dieser Absicht ist eine lebhafte Erzählung geworden, in der sich Fakten und Fiktion vermischen, in der der neugierige Autor auch über seine Schwierigkeiten berichtet, so etwas schreiben zu wollen. Der Anschlag selbst hat eigentlich nur eine Alibifunktion. Um den wahren Grund des Attentats auf den stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, Reinhard Heydrich, zu verstehen, wenn man im französischen Geschichtsunterricht nicht unbedingt aufgepasst hat, muss man sich schon für die besondere Bedeutung dieser Region um Prag interessieren. Das hat Laurent Binet mit einer gewissen schriftstellerischen Freiheit getan und dieser persönliche Umgang mit der Geschichte ist der Rahmen seines Romans. Er fabuliert nicht, sondern er formuliert seine eigenen Bedenken, um den Leser über seine Unsicherheit in Kenntnis zu setzen; er stellt sich ständig in Frage, wenn er etwas behauptet, was er nicht beweisen kann; immer wieder fühlt er sich gezwungen zu schreiben, dass er Gespräche und Stimmungen erfinden musste ("ich glaube", "ich nehme an", "vielleicht war es so, aber vielleicht auch anders", "ich vermute"). Historiker fragen sich natürlich, was die persönlichen Empfindungen eines Romanschreibers in so einem Werk zu suchen haben. Romanliebhaber mögen wegen der komplizierten Verhältnisse in der damaligen Tschechoslowakei verwirrt sein. Die Kritik hingegen würdigte das Buch, dem kurz nach seinem Erscheinen der Prix Goncourt für den ersten Roman zugesprochen wurde.
Gérard Foussier

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