Gesichter der Union – Kooperationsfelder in Europa
Einige Wochen vor der französischen Präsidentschaft des Europäischen Rates lag es für Dokumente und Documents nahe, ihr gemeinsames Dossier Europa zu widmen. Aber statt darüber zu spekulieren, was Frankreich mit seinen 26 Partnern im zweiten Halbjahr 2008 alles unternehmen kann, oder eben nicht, haben wir beschlossen, zunächst einmal einen Rückblick auf die letzte deutsche Ratspräsidentschaft zu werfen, als die Union den 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge feierte. Die Berliner Erklärung, die am 25. März 2007 von Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgetragen wurde, ist beispielhaft für jene diplomatische Sprache und Ab- stimmungen, ohne die Europa nicht voranschreiten kann. Die Würdigung Angela Merkels durch Nicolas Sarkozy bei der Verleihung des diesjährigen Karlspreises am 1. Mai in Aachen passt genau zu dieser einmütigen Anerkennung von Hartnäckigkeit und Geschicklichkeit. Dabei werden jene manchmal übertriebenen, dennoch immer aufmerksamen Kommentare nicht verheimlicht, die nachweisen wollen, dass der deutsch-französische Motor, den es tatsächlich gibt, ab und zu stockt, wenn man vergisst, ihn mit dem richtigen Treibstoff zu versorgen. Aber um welches Gebilde geht es, wenn Europa gemeint ist? Das Europa der 27 ist ja nur eine der vielfältigen Formen von Zusammenleben, die die Europäer ausgesucht haben, um zusammenzuarbeiten und dafür zu sorgen, dass die Zivilgesellschaft von einem echten Europa der menschlichen Beziehungen profitieren kann. All die verschiedenen Europa-Konzepte, die im Rahmen von gemeinsamen Werten erarbeitet wurden, sind jeweils von einer Geschichte und einer Philosophie geprägt, die sich manchmal von der Europäischen Union unterscheiden. Dies gilt für die Verteidigungspolitik, wo Paris nun erwägt, die militärische Kommandostruktur der NATO wieder zu integrieren. Dies gilt ebenfalls für die Weltraumpolitik, der die 27 Mitglieder der Europäischen Union mit dem modifizierten Vertrag von Lissabon zum ersten Mal eine Kompetenz zugeschrieben haben, die weder in den Römischen Verträgen von 1957 noch im Vertrag von Nizza aus dem Jahr 2001 vorhanden war. Was für ein Symbol übrigens, wenn zur gleichen Zeit ein deutscher und ein französischer Astronaut gemeinsam in der internationalen Weltraumstation ISS weilen, um dort ein europäisches Forschungslabor zu installieren. Europa braucht solche Symbole, genauso wie die deutsch-französischen Beziehungen, die mehr denn je davor Angst haben, dass die Routine, die ja ein eindeutiger Ausdruck von Erfolg ist, dazu führt, dass man die Bedeutung des deutsch-französischen Treibstoffs für den europäischen Motor vergisst.
Chronologie/Chronologie
Inhalt/Sommaire
Eine neue französiche Afrikapolitik ist nicht in Sicht
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Napoleon III. – anlässlich Johannes Willms neuer Biographie
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