Das Ende des "Großen Krieges" – der Waffenstillstand von 1918
Seit mehr als sechs Jahrzehnten informieren Dokumente und Documents ihre Leser in Deutschland und Frankreich mit der Absicht, zur gegenseitigen Verständigung beizutragen. Die Stichworte dazu, in fast jedem Beitrag über die deutsch- französischen Beziehungen, spiegeln die Entwicklung der Politik seit 1945 wider: Frieden, Aussöhnung, Dialog, Zusammenarbeit. 90 Jahre nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandes vom 11. November 1918 sprechen beide Zeitschriften über Krieg. In dieser Ausgabe wird auch über die Festung Mutzig berichtet, deren Ursprünge auf den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 zurückgehen, und über die Flucht deutscher Soldaten aus der französischen Gefangenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg. Und man braucht nur den zweiten Band des gemeinsamen Geschichtsbuches durchzublättern, welches die Zeit von 1814 bis 1945 behandelt, um wieder einmal festzustellen, dass Europa wirklich nicht der Friedenshafen gewesen ist, den es heute durch außenpolitische Harmonisierung symbolisieren will. Ausgerechnet in diesem Gedenkjahr des Waffenstillstandes wird wieder Säbelrasseln vernommen, zum einen wegen eines komplexen Konfliktes zwischen Russland und Georgien, zum anderen wegen der explosiven Situation in Afghanistan und Irak. Um besser zu verstehen, was eine kriegerische Drohung heute weltweit bedeutet, ist es wichtig noch einmal zu lesen, was Europa zwischen 1914 und 1918 schmerzhaft erlebt hat. Man wird nie oft genug daran erinnern, dass dieser Konflikt, den die Franzosen „Großer Krieg“ nennen, seine Bezeichnung als „Erster Weltkrieg“ logischerweise erst bekommen hat, nachdem die Bevölkerungen im selben Jahrhundert wieder Opfer einer weltweiten Auseinandersetzung wurden. Die französischen Soldaten von 1914–18 waren davon überzeugt, dass es sich um den „allerletzten Krieg“ (la der des der) handeln würde – sie mussten leider eine Generation später feststellen, dass der Frieden vergänglich ist, wenn die Völker Dialog, Einklang, Kompromiss ablehnen. Es ist natürlich schwierig, die Wahrnehmung des Krieges von zwei Völkern miteinander zu vergleichen, auch wenn sie Nachbarn sind. Sieger und Besiegte schreiben Geschichte anders. Aber beide müssen heute zugeben, dass sie die gleiche Erfahrung von Schmerzen und Schrecken teilen. Über den Krieg zu sprechen, bedeutet, den Frieden zu fordern. Sich an Friedensbemühungen zu beteiligen, auch auf anderen Kontinenten, bedeutet, dass man der Welt ein Schicksal ersparen will, das Europa erlebt hat. Zu einer Zeit, wo sich manche anschicken, die privilegierten Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland in einem schwer zu vereinenden Europa infrage zu stellen, gar zu kritisieren, ist es nicht überflüssig daran zu erinnern, dass die historische Versöhnung beider Länder es geschafft hat, das böse Wort vom „Erbfeind“ aus dem jeweiligen Vokabular zu tilgen. Gérard Foussier
Chronologie/Chronologie
Inhalt/Sommaire
Der Erste Weltkrieg und die Folgen der Zivilisationskritik
Gelingt Integration über Grenzen hinweg?