Verfassungen – Grundgesetz und V. Republik
Noch nie war in der ganzen Welt von so vielen Milliarden die Rede. Ob Euro, Dollar oder Yen, in fast jeder Währung scheint die Milliarde mit ihren neun Nullen die neue Rechnungseinheit zu sein. Klar, dass sich das deutsch-französische Ehepaar in dieser globalisierten Welt, die nach globalen Lösungen sucht, irgendwie verloren fühlt. Mitten in der internationalen Krise erleben Deutschland und Frankreich eine neue bilaterale Missstimmung. Berlin und Paris versuchen zwar dagegenzusteuern. Trotzdem: Es kriselt eindeutig zwischen beiden Regierungen. Einerseits freut man sich, auch in Deutschland, dass ein Hyperpräsident“ in seiner Eigenschaft als EU-Ratspräsident an allen Fronten handelt, andererseits wird befürchtet, dass Frankreich die amerikanische Interimszeit im Weißen Haus zu stark ausnutzt, um vor den europäischen Interessen eher die französischen zu vertreten. Misstrauen macht sich breit, während alle Politiker und Wirtschaftsvertreter eigentlich Vertrauen wecken wollen. Es gibt allerdings Grund zur Hoffnung: Die Wahl des neuen Präsidenten in den Vereinigten Staaten wurde (nicht nur) in Deutschland und Frankreich so euphorisch begrüßt, dass man an diesen plötzlichen Obama-Kult sicherlich große Erwartungen knüpfen kann Viel diskreter sind aber auch zwei Jahrestage gefeiert worden, die jeweils als Geburtsstunden einer stabilen Demokratie verstanden werden sollten. Vor 60 Jahren begann in Bonn die Erarbeitung des Grundgesetzes, das zur Gründung der Bundesrepublik führte; vor 50 Jahren wurde in Paris die Verfassung der V. Republik beschlossen – zwei Texte, die in relativ kurzer Zeit entstanden sind und die sich trotz ständigen Reformbestrebens bis heute behauptet haben. Zwei Beispiele im deutlichen Gegensatz zur heutigen schweren Geburt eines europäischen Verfassungstextes, der immer noch nicht ratifiziert worden ist. Stabilität schließt Krisen nicht aus: Ein Rückblick auf die Finanzkrise von 1968, zehn Jahre nach der ersten privaten Begegnung zwischen Bundeskanzler Adenauer und Staatspräsident de Gaulle und fünf Jahre nach der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages, zeigt, wie sich doch das Verhältnis und der persönliche Umgang miteinander entwickelt haben. Umarmungen sind kein Beweis dafür, dass Streit nur eine Erfindung der Presse wäre. Unfreundliche Kritik ist kein Beweis dafür, dass die „Erbfreunde“ ihre Freundschaft leugnen. Bei allen Unterschieden in Form und Inhalt des Kampfes gegen die Rezession zeigen vielmehr die doch engen und etlichen deutsch-französischen Bemühungen um eine bessere, ehrlichere Finanzwelt, dass Frankreich und Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Staaten dieser Erde in relativ guter Verfassung sind. Gérard Foussier
Chronologie/Chronologie
Inhalt/Sommaire
Paris und Berlin setzen auf einen pragmatischen Ansatz
Die erste Frankreichreise von Papst Benedikt XVI.
Martine Aubry ist die neue Erste Sekretärin der Partei
Die Konstituierung des Parlamentarischen Rates vor 60 Jahren
Die Krise der IV. Republik ebnete de Gaulles Verfassung den Weg
Ein südfranzösischer Getreidebauer hadert mit dem Anbaustopp
Alexis Lehmann – ein Grenzgänger der Region Oberrhein
Die Werke von Jeff Koons sorgen für Wirbel in Versailles
Die „Cité de l’Architecture et du Patrimoine“ am Trocadéro