Europas Wurzeln – Landwirtschaft im Wandel
Der 45. Jahrestag des im Januar 1963 unterzeichneten Elysée-Vertrags war kein Anlass von besonderen Veranstaltungen, ist allerdings auch nicht vergessen worden. Denn Deutsche und Franzosen müssen scheinbar ab und zu ihre gegenseitigen Beziehungen bilanzieren, auch wenn es nur darum geht, Gerüchte und übertriebene Interpretationen einer hypothetischen Krise zu relativieren, die eigentlich nur der Ausdruck einer ganz normalen Entwicklung ist. Bei näherer Betrachtung stellt man unschwer fest, dass es nicht fehlt an Initiativen, die nachweisen, wie sich Deutschland und Frankreich bei allen unterschiedlichen Positionen im Mittelpunkt des Aufbaus von Europa befinden. Die Eurozone wird größer, der Schengen-Raum ebenfalls, die Globalisierung bringt die Bürger immer näher, trotz aller Befürchtungen, die manchmal geäußert werden.
Dennoch ist es mehr denn je wichtig für die gegenseitige Verständigung, dass keiner die Vergangenheit ignoriert und dass jeder die Wirklichkeit des Alltags und dessen unterschiedliche Akzente richtig einschätzt. Die beiden Partnerzeitschriften Dokumente und Documents, die 2008 ihre Harmonisierungsanstrengungen fortsetzen, widmen dieser Vielseitigkeit mehrere Beiträge, zum Beispiel über die Arbeit des Deutsch-Französischen Jugendwerks seit 45 Jahren, über die Umsetzung eines universitären Austauschprojekts zwischen Forschern und Politikern, aber auch über künstlerische Aktivitäten wie Theateraufführungen und Pop-Konzerte. Verständigung, Information – der kulturelle Reichtum Europas ist in seiner Vielfalt zu suchen. Wenn die Wurzeln der Völker erwähnt werden, ist es nicht nur Wortspielerei zu betonen, dass die Landwirtschaft seit mehr als einem halben Jahrhundert zu den zentralen Themen einer Harmonisierung der europäischen Gesellschaft gehört. Beim weitgehend unbekannten Kapitel der deutschen Ostbauern, die nach dem Krieg nach Frankreich zogen, blättern Dokumente und Documents im manchmal schmerzhaften Erinnerungsalbum der ersten Ansätze einer deutsch-französischen Versöhnung. Und wenn sie die Akte der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) öffnen, die Ziel manch herber Kritik ist, analysieren beide Zeitschriften jenen „Heiratsvertrag“, den Deutschland und Frankreich damals unterschrieben, um – so sagt man – Großbritannien eine Europa-Mitgliedschaft auszureden.
Heute scheinen die Landwirte von der steigenden Nachfrage aus den Schwellenländern wie China und Indien zu profitieren. Man braucht beispielsweise drei Kilogramm Getreide, um ein Kilo Schweinefleisch zu erzeugen und die Produktion von Biosprit verlangt mehr Getreideanbau. Dennoch werden die Landwirte auch mit immer strengeren Umweltschutzauflagen konfrontiert. Dies alles schmeckt den Verbrauchern nicht gerade, die immer mehr für Brot und Milch bezahlen müssen. Deswegen ist eine Reform der GAP mit einem Ende der kostspieligen Milchquoten und der verpflichtenden Flächenstilllegungen notwendiger denn je. Ein wichtiges Dossier, um die Themen zu verstehen, die in den nächsten Monaten auf der Brüsseler Tagesordnung stehen werden.
Chronologie/Chronologie
Inhalt/Sommaire
Das Deutsch-Französische Jugendwerk wird 45
Die Geschichte der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
„Die weiße Rose“ als deutsch-französische Collage